Sehvermögen

Wie sehen Katzen die Welt?

Grundsätzlich sieht jedes Lebewesen anders. Während eine Tomate für eine Maus appetitlich rot leuchtet, ist sie für eine Katze nichtssagend und grau. Ein Actionfilm ist für eine Stubenfliege "fesselnd" wie ein langatmiger Diavortrag.
Nachts sind alle Katzen grau. In der Dämmerung verblassen alle Farben, bis man die Welt nur noch in Grautönen sieht und in stockfinsterer Nacht die Hand nicht mehr vor Augen. Doch wenn wir Menschen schon blind im Dunkeln tappen, sehen nachtaktive Jäger noch sehr gut.

Katzen kommen mit ungefähr sechsmal weniger Licht aus als Menschen. Bewegen sie sich in Dunkelheit, weiten sie ihre Pupillen, bis diese einen Durchmesser von 14mm haben. Der Mensch kann seine Pupillen bis auf höchstens 8mm öffnen. Das heißt, dass ins Katzenauge viel mehr Licht einfallen kann. Und dieses Licht wird auch besser ausgenutzt. Denn hier kommt das "Katzenauge" im anderen Sinne seiner Bedeutung ins Spiel. Im Augenhintergrund der Samtpfote befindet sich eine Schicht reflektierender Kristalle, das Tapetum lucidum. Es wirft das einfallende Licht zurück. Die Sehzellen der Netzhaut werden so doppelt beleuchtet. Gesehen hat dieses Phänomen schon jeder, dem nachts eine Katze über den Weg gelaufen ist. Fällt Licht auf die Katzenaugen, leuchten sie auf. Das hat dazu geführt, dass man die reflektierenden Scheiben an Fahrrädern oder Schulranzen "Katzenaugen" nennt.
Dagegen könnte eine Katze keine Zeitung lesen. Sie ist nämlich weitsichtig. Nahe Objekte erscheinen ihnen verschwommen, weiter entfernte Objekte scharf. Das ist sinnvoll, weil sich Beutetiere meist nicht direkt vor der Nase von Hund und Katze herumtreiben, sondern gebührenden Abstand wahren. Wer sie fangen will, muss in die Ferne scharf sehen.
Doch auch mit grellem Tageslicht kommt die Katze gut zurecht. Ihre Pupillen verengen sich dann zu schmalen, senkrechten Schlitzen, die nur noch geringe Mengen Licht passieren lassen. Senkt die Katze ihre Lider, wird der Schlitz nur noch zur punktförmigen Öffnung und der Lichteinfall optimal reduziert. Eine Fähigkeit, die für die Katze als Wüstenbewohnerin notwendig ist. Denn zu viel Licht könnte die empfindlichen Sehzellen auf der Netzhaut zerstören.
Dafür ist die Welt der Katze nicht ganz so bunt wie die unsere. Rot ist für Katzen auch tagsüber grau. Das liegt daran, dass ihnen eine bestimmte Sorte Sehzellen fehlt. Bei Sehzellen unterscheidet man Stäbchen und Zapfen. Die Stäbchen sind für das Helligkeitssehen zuständig, die Zapfen für die Farben. Menschen verfügen über drei Sorten von Zapfen. Eine Sorte ist für blaues Licht empfindlich, eine für grünes und die dritte für rotes Licht. Diese drei Sorten von Zapfen reichen aus, um die Welt sozusagen in Technicolor zu sehen. Denn aus rotem, blauem und grünem Licht lassen sich alle anderen Farben mischen. Allerdings anders, als wir es vom Malkasten kennen. So ergibt beispielsweise grün und rot gelb. Während beim Menschen vier Stäbchen auf einen Zapfen kommen, sind es bei der Katze 25 Stäbchen auf einen Zapfen. Sie verfügt über insgesamt weniger farbempfindliche Sehzellen und Zapfen. Die für rotes Licht empfindlich sind, fehlen ihr völlig. Die Welt dürfte ihr also etwas blasser erscheinen als uns.